RESPEKT FÜR DIE MENSCHEN IN UNSERER STADT

Netz­werk der Bür­ger­initia­ti­ven Brei­ten­bach­platz und Wil­mers­dor­fer Mit­te
Initia­ti­ven Bun­des­platz, Fried­rich-Wil­helm-Platz und
Stadt­teil­in­itia­ti­ve um den Leon-Jes­sel-Platz

Die Qua­li­tät der Stadt­räu­me in Wil­mers­dorf, Frie­den­au und Dah­lem zeit­ge­recht neu den­ken, repa­rie­ren und wie­der sicht­bar machen sowie Nach­bar­schaf­ten stär­ken. Dar­um geht es unse­rem Netz­werk von Bür­ger­initia­ti­ven!

Unser Stadt­raum – zwi­schen Liet­zen­bur­ger Stra­ße im Nor­den und der Bezirks­gren­ze nach Dah­lem am Brei­ten­bach­platz im Süd­wes­ten, von der Kon­stan­zer Stra­ße im Wes­ten über den Bun­des­platz bis zur Prinz­re­gen­ten­stra­ße im Osten und der Gegend um den Fried­rich-Wil­helm-Platz in Frie­den­au als süd­li­chem Abschluss – ist Zeug­nis einer ein­zig­ar­ti­gen his­to­ri­schen Stadt­bau­kunst.

Frü­he­re Stadt­pla­nung ziel­te auf die Lebens­qua­li­tät der Quar­tie­re

Mit der Carstenn´schen Pla­nung ent­stand ein Netz aus reprä­sen­ta­ti­ven Bou­le­vards wie Hohen­zol­lern­damm und Bun­des­al­lee sowie Stadt­plät­zen wie Bundes‑, Pra­ger oder Fried­rich-Wil­helm-Platz. Die durch­dach­ten, hoch­wer­ti­gen Plät­ze boten den dort woh­nen­den und arbei­ten­den Men­schen urba­ne Orte der Begeg­nung und Erho­lung und ver­lie­hen den Quar­tie­ren mit ihrer her­vor­ra­gen­den Auf­ent­halts­qua­li­tät eige­ne Iden­ti­tä­ten.

So schu­fen die frü­he­ren Stadt­pla­ner einen reprä­sen­ta­ti­ven und den­noch sozi­al­raum­ori­en­tier­ten Stadt­raum, der die Men­schen aller Schich­ten zuein­an­der brach­te und in dem Stra­ßen und Plät­ze gleich­be­rech­tigt für alle Ver­kehrs­teil­neh­mer, vom Fuß­gän­ger bis zum Auto­mo­bi­lis­ten, ange­legt waren.

Die­se städ­te­bau­li­che Qua­li­tät ist in wei­ten Berei­chen zer­stört

Unser Stadt­raum wur­de zunächst durch die Bom­ben des Zwei­ten Welt­krie­ges teil­wei­se und ab den 60er Jah­ren durch die über­di­men­sio­nier­ten Ver­kehrs­pla­nun­gen der »auto­ge­rech­ten Stadt« weit­ge­hend zer­stört.

Unter dem Mot­to »Der Ver­kehr muss flie­ßen« wur­den ver­trau­te Umge­bun­gen, Stra­ßen, Plät­ze und Nach­bar­schaf­ten geop­fert, gewach­se­ne Struk­tu­ren »funk­tio­nal geglie­dert«. Mit dem Sie­ges­zug des Autos ver­scho­ben sich die Prio­ri­tä­ten: erst das Auto, dann der Mensch. Mehr­spu­ri­ge Stra­ßen und Schnei­sen kreu­zungs­frei­en Fah­rens wur­den zum obers­ten Gebot des Städ­te­baus. Nicht mehr die Attrak­ti­vi­tät für die Anwoh­ner son­dern die für die »Durch­fah­ren­den« war nun obers­tes Ziel der Stadt­pla­nung. Plät­ze, Sicht­ach­sen und Quar­tie­re haben vie­ler­orts ihr Gesicht, ihre Bezü­ge, ihre Geschlos­sen­heit ver­lo­ren.

Es ist Zeit, die ver­fehl­te Stadt­pla­nung der Nach­kriegs­jahr­zehn­te zu kor­ri­gie­ren

Zwar führ­te in Ber­lin der Pro­test gegen die Pla­nung der West­tan­gen­te schon Mit­te der 70er zu einem zag­haf­ten Umsteu­ern der Poli­tik; der Abriss der Brü­cke über den Kurt-Schu­ma­cher-Platz, das Zuschüt­ten des Tun­nels am Breit­scheid­platz waren wei­te­re Zei­chen des Abschieds vom Glau­ben an auf­wän­di­ge Ver­kehrs­bau­ten. Der sich nun ankün­di­gen­de Abriss der Brü­cke über den Brei­ten­bach­platz setzt ein aktu­el­les Aus­ru­fe­zei­chen: Die »auto­ge­rech­te Stadt« ist an ihre Gren­zen gesto­ßen, an sozia­le, wirt­schaft­li­che und öko­lo­gi­sche. Das Netz­werk for­dert daher ein Pro­gramm für den Rück­bau der auto­ge­rech­ten Stadt.

Men­schen­ge­recht heißt nicht autof­eind­lich

Es geht dar­um, dass unse­re Stadt wie­der vom Men­schen her gedacht und für Men­schen gebaut wird. Dazu muss die Auf­tei­lung der Ver­kehrs­räu­me vom Kopf auf die Füße gestellt wer­den: Die Ver­kehrs­pla­nung der Zukunft muss bei den Bedürf­nis­sen der Fuß­gän­ger anset­zen, dann der Rad­fah­rer, schließ­lich des ÖPNV und erst dann beim moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehr.


GEMEINSAM FORDERN WIR

Poli­tik, Ver­wal­tung und Pla­nung müs­sen die his­to­ri­sche und städ­te­bau­li­che Qua­li­tät unse­res Stadt­rau­mes erken­nen, durch ihr Han­deln bewah­ren und stadt­ver­träg­lich neu defi­nie­ren:

  • Kieze am Men­schen ori­en­tiert wei­ter­ent­wi­ckeln, damit Nach­bar­schaf­ten gestärkt und wie­der­her­ge­stellt wer­den
  • den Magis­tra­len muss das Tren­nen­de genom­men wer­den. Struk­tu­ren und Sicht­ach­sen der Carstenn‘schen Pla­nun­gen müs­sen als erhal­tens­wer­te Ele­men­te der Ori­en­tie­rung und sozi­al­räum­li­chen Glie­de­rung ein­be­zo­gen und wie­der erleb­bar wer­den.

Ver­kehrs- und Stadt­ge­stal­tung müs­sen unter den Prä­mis­sen der Flä­chen­ge­rech­tig­keit und der Gleich­wer­tig­keit aller Ver­kehrs­teil­neh­mer gene­rell neu fokus­siert wer­den und sich weg­be­we­gen von der auto- hin zur men­schen­ge­rech­ten Stadt:

  • Kiez-Zen­tren erhal­ten, stär­ken oder sogar erst neu erstel­len
  • die Bedeu­tung der Plät­ze als Zen­tren der Begeg­nung und Erho­lung sowie zur Kiez­bin­dung erken­nen und ihren Erleb­nis- und Auf­ent­halts­wert neu her­stel­len, sichern oder stei­gern
  • Stadt­räu­me rekon­stru­ie­ren durch Schlie­ßen von Bau­lü­cken, Bil­dung von Raum­kan­ten und durch gar­ten­ar­chi­tek­to­ni­sche Maß­nah­men, Ent­sie­ge­lung und Anla­ge neu­er Grün­flä­chen
  • attrak­ti­ve Frei­räu­me durch Ein­schrän­kung des Pri­vat­ver­kehrs in die City und Park­raum­be­wirt­schaf­tung schaf­fen
  • Lösun­gen ent­wi­ckeln für eine opti­ma­le und fai­re Nut­zung der Ver­kehrs­flä­chen für ÖPNV, Lie­fer- und Indi­vi­du­al­ver­kehr durch modi­fi­zier­te Mobi­li­täts­kon­zep­te und ver­än­der­tes Mobi­li­täts­ver­hal­ten
  • Ver­kehrs­flüs­se opti­mie­ren durch modal Mix, ver­bes­ser­ten, ver­bil­lig­ten und umstei­ge­freund­li­chen ÖPNV und Umstruk­tu­rie­rung des Lie­fer­ver­kehrs durch inner­städ­ti­sche Ver­tei­ler­zen­tren
  • Ver­kehrs­flüs­se beru­hi­gen, ver­lang­sa­men und gerech­ter orga­ni­sie­ren durch Tem­po­li­mits, Kreis­ver­keh­re, Zebra­strei­fen, intel­li­gen­te Ampel­re­ge­lun­gen, Aus­bau des Fahr­rad­we­ge-Net­zes durch Fahr­rad­stra­ßen und Schnell­we­ge für Rad­ler; eige­ne Zonen für Lie­fer­ver­kehr

Die Wun­den der »auto­ge­rech­ten Stadt« müs­sen durch behut­sa­me Repa­ra­tur geheilt wer­den. Dies ist nötig, um die Lebens- und Auf­ent­halts­qua­li­tät für die Men­schen zu ver­bes­sern. Die hohe Stadt­qua­li­tät die­ses Groß­rau­mes kann wie­der­erlangt und wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den:

  • Rekon­struk­ti­on der Bun­des­al­lee als Bou­le­vard und Pro­me­na­de mit Baum­rei­hen, eben­so die Wie­der­her­stel­lung des Süd­west­kor­sos mit begrün­ter Mit­tel-Pro­me­na­de (Ent­sie­ge­lung)
  • Redu­zie­rung der Fahr­strei­fen auf Bun­des­al­lee, Hohen­zol­lern­damm, Uhland­stra­ße und Meck­len­bur­gi­scher Stra­ße
  • Rück­bau der Brei­ten­bach­platz­brü­cke und Wie­der­her­stel­lung des his­to­ri­schen Platz­grund­ris­ses
  • Zuschüt­ten der bei­den Bun­des­al­lee-Tun­nel
  • Unter­bin­dung des Durch­gangs­ver­kehrs in der Wil­mers­dor­fer Mit­te, Wie­der­zu­sam­men­füh­rung der Tei­le von Volks­park und Wil­helm­saue mit ver­bes­ser­ten Mög­lich­kei­ten zur eben­erdi­gen Que­rung der Stra­ßen
  • Schlie­ßung der Prinz­re­gen­ten­stra­ße (für Autos) im Bereich Volks­park

RESPEKT VOR DIESEM EINZIGARTIGEN BERLINER STADTRAUM!

Daher arbei­ten wir Initia­ti­ven, die wir in die­sem Stadt­raum aktiv sind, zusam­men.

  • Mit unse­rem Netz­werk wol­len wir die­se hohe Stadt­qua­li­tät bewah­ren, repa­rie­ren und auf zeit­ge­mä­ße Wei­se wei­ter­ent­wi­ckeln.
  • Den betei­lig­ten Initia­ti­ven ist bewusst, dass wir unse­re jeweils loka­len Akti­vi­tä­ten und Pro­jek­te in ein über­ge­ord­ne­tes Kon­zept und Vor­ge­hen ein­bin­den müs­sen.
  • Als enga­gier­te Bür­ger­schaft müs­sen wir die­sen Stadt — raum im Gro­ßen den­ken. Kon­zep­te und Lösun­gen für die Teil­räu­me müs­sen sich naht­los in eine Gesamt­schau ein — ord­nen und die­se stüt­zen. Nur so kön­nen wir Poli­tik und Ver­wal­tung auf­for­dern, eben­falls im Gro­ßen zu han­deln.